Was ist Psychotherapie?
Therapie bedeutet, sich selbst aufmerksam zu begegnen und dabei durch die Aufmerksamkeit der Therapeutin unterstützt zu werden.
Unter Psychotherapie versteht man die Behandlung seelischer Probleme mit Hilfe anerkannter psychotherapeutischer Verfahren. Es gibt unterschiedliche Therapieformen. Von den gesetzlichen Krankenkassen werden die Kosten der Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierter Verfahren und der Psychoanalyse übernommen. Alle drei Therapieformen arbeiten mit der Veränderung durch Hilfe von Gesprächen. In der Verhaltenstherapie werden ergänzende Verfahren wie Rollenspiele, Verhaltens- und Vorstellungsübungen und Entspannungsverfahren eingesetzt.
Wenn Sie von seelischen Problemen geplagt werden und diese alleine nicht in den Griff bekommen, sollten Sie sich wie bei körperlichen Erkrankungen nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies gilt natürlich vor allem dann, wenn sich die psychischen Probleme schon über einen längeren Zeitraum hinziehen oder diese sich sogar mehr und mehr verschlimmern.
Für den Erfolg einer Therapie ist es allerdings sehr bedeutsam, dass Sie ernsthaft dazu bereit sind, sich mit Ihren Problemen auseinanderzusetzen. Damit eine Psychotherapie erfolgreich ambulant durchgeführt werden kann, muss ein Mindestmaß an psychischer Stabilität und Belastbarkeit gegeben sei. Andernfalls ist eine stationäre Psychotherapie angezeigt.
Im Folgenden stelle ich die Behandlungsverfahren vor, die ich in meiner therapeutischen Arbeit einsetze.
Verhaltenstherapie
Die Verhaltenstherapie ist eine lösungsorientierte, pragmatische und nachweislich erfolgreiche Behandlungsmethode. Sie gehört zu den empirisch am besten untersuchten Psychotherapieverfahren und vereint eine große Anzahl unterschiedlicher Techniken und Behandlungsmaßnahmen. Sie alle gehen davon aus, dass menschliches Verhalten, Denken und Fühlen erlernt wurde und verändert werden kann, wenn es als problematisch erlebt wird. Die kognitive Verhaltenstherapie betont vor allem die Bedeutung gedanklicher Verarbeitungsprozesse für die psychische Stabilität.
Die Verhaltenstherapie setzt in der Regel an der aktuell bestehenden Problematik an. Das therapeutische Vorgehen wird möglichst genau mittels der Problemanalyse auf Sie zugeschnitten. Über die Bewältigung der Problematik hinaus wird in der Verhaltenstherapie eine Erhöhung der allgemeinen Problemlösefähigkeit angestrebt.
Wir vereinbaren die Therapieziele miteinander. Bei Erreichen der Therapieziele wird die Therapie beendet. Im Vergleich zu anderen Therapieformen sind verhaltenstherapeutische Behandlungen häufig von kürzerer Dauer. Ziele in der Verhaltenstherapie sind zum Beispiel:
- Sie lernen zu verstehen, weshalb Sie sich in einer Krise befinden, bzw. im Augenblick ein Problem haben.
- Sie erarbeiten zusammen mit mir Strategien, wie Sie Ihre Probleme lösen können.
- Sie erhalten konkrete Aufgaben, die Sie außerhalb der Therapie durchführen, um neues Verhalten zu erproben und zu trainieren.
- Sie lernen, sich besser zu entspannen.
- Sie erwerben neue Einstellungen und Verhaltensmuster.
- Sie lernen wirksame Strategien, wie Sie sich auch nach Beendigung Ihrer Therapie selbst helfen können.
Die Verhaltenstherapie ist handlungsorientiert. Für den Erfolg der Therapie ist Ihre aktive Beteiligung ausschlaggebend. Indikationen für eine verhaltenstherapeutische Psychotherapie sind u.a.:
- Depressionen und Erschöpfungszustände
- Ängste
- Anpassungsstörungen
- Kontaktschwierigkeiten
- Zwangsstörungen
- Posttraumatische Belastungsstörungen (z.B. Zustände nach Unfällen, Erfahrungen von Gewalt)
- Essstörungen
- Chronisch körperliche und psychosomatische Beschwerden (z.B. Schmerzen, Behinderungen)
Gestalttherapie
Die Gestalttherapie ist ein erlebnisaktivierendes Therapieverfahren und eine wichtige Vertreterin der humanistischen Psychologie. Die Hauptaufmerksamkeit im therapeutischen Prozess liegt auf dem Hier und Jetzt, weniger auf einer Analyse der Vergangenheit. Fragen werden eher nach dem “Wie” und “Wofür” gestellt, als nach dem “Warum”. Zentral ist das Erfahren, das direkte Erleben und Erproben, das aktive Entdecken. Eine wichtige Rolle spielen dabei Techniken zur Erhöhung der Bewußtheit aller gerade vorhandenen und zugänglichen Gefühle, Empfindungen und Verhaltensweisen.
Nach dem Menschenbild der humanistischen Psychologie steht der Mensch in ständigem Austausch mit seiner natürlichen und sozialen Umwelt und handelt aktiv und zielorientiert. Er strebt nach Selbstverwirklichung und seelischem Wachstum. Das humanistische Modell stellt einen Ansatz dar, der Menschen dazu verhelfen soll, ein befriedigenderes Leben zu führen. Die Kraft dafür liegt im Menschen selber. Dieser Motor der Entwicklungsprozesse kann durch Umwelteinflüsse gefördert oder behindert werden. Auf dieses Potential zu lebenslangem Wachstum, zu kreativer Anpassung baut Gestalttherapie.
Ziele der Gestalttherapie sind: Erneuerungs- und Selbstheilungskräfte zu beleben, Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen zu fördern sowie Verantwortung für die eigenen Entscheidungen und Vermeidungen zu übernehmen. Als “unerledigte Geschäfte” werden all jene Situationen, Probleme, Konflikte und Beziehungen der Vergangenheit und Gegenwart (auch die, die nicht bewusst sind) benannt, die nicht abgeschlossen sind. Sie binden aktuell Energie und hindern daran, die ganze Kraft auf das gegenwärtige Leben zu konzentrieren. Die Gestalttherapie bietet mit ihrer Methode der Wahrnehmung und Bewusstwerdung des Hier und Jetzt den Ansatzpunkt, diese “unerledigten Geschäfte” zu entdecken und sie in kreativer Weise zu nutzen, zu bearbeiten und schließlich abzuschließen.
Hypnotherapie
Therapeutische Trance ist fokussierte Aufmerksamkeit, die auf bestmögliche Weise so gesteuert wird, daß der Patient seine Ziele erreicht.
(Milton H. Erickson/Ernest L. Rossi, Hypnotherapie)
Milton H. Erickson gilt als der Begründer der modernen Form der Hypnose bzw. der klinischen Hypnotherapie. Hypnotherapie kann man definieren als die Anwendung hypnotischer Trance (Einleitung und Nutzung eines veränderten Bewusstseinszustandes) und hypnotischer Phänomene in der Psychotherapie. Es handelt sich dabei um einen freiwilligen, von der Therapeutin induzierten und von der Patientin/dem Patienten gewollten und kontrollierbaren Trance-Zustand – einem Zustand tiefster Aufmerksamkeitsfokussierung.
Während der Trance-Phase ist die Aufmerksamkeit der Patientin/des Patienten zum größten Teil nach Innen gerichtet. Äußere Reize werden meist nur noch abgeschwächt wahrgenommen und spielen eine untergeordnete Rolle. Moderne Hypnose wird heute sehr erfolgreich in verschiedenen Bereichen der Medizin, Zahnmedizin, Psychologie und Psychotherapie angewandt. In Trance ist die innerseelische Flexibilität erhöht, und die Patientin/der Patient haben dadurch leichter Zugang zu den eigenen Problemlösefähigkeiten und Ressourcen. In der Psychotherapie können diese Kraftquellen genutzt werden, um den Heilungsprozess zu fördern. Damit kann sich der Mensch leichter aus dem Zustand der Hilflosigkeit befreien und sich in den Zustand der Kompetenz und Selbstwirksamkeit versetzen. Im Trancezustand hat das bewusste Denken weniger Kontrolle. Unbewusste Prozesse kommen dann stärker in den Vordergrund.
Um Heilungs-, Such- und Lernprozesse zu fördern, wird entweder Hypnose praktiziert, oder es werden alltägliche Tranceprozesse für die therapeutische Arbeit genutzt wie etwa das Erzählen oder Vorlesen einer Geschichte. Hypnotherapie kann auch als Selbsthypnosetraining bzw. das Erlernen von Entspannungsübungen gestaltet werden.
Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)
EMDR wurde von Dr. Francine Shapiro zur Behandlung von Psychotraumata entwickelt. Sie ist für die Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen als wissenschaftliche Methode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) kassenrechtlich anerkannt.
Nach einer umfassenden und strukturierten Vorbereitung wird die Patientin/der Patient dazu angeleitet, sich einer belastenden Erinnerung an das traumatische Ereignis kurzfristig auszusetzen. Gleichzeitig erfolgt eine sogenannte bilaterale Stimulation über Augenbewegungen, wechselnde taktile oder akustische Stimulation. Die bilaterale Stimulation wird damit kombiniert, für das Erlebte Worte zu finden, wodurch eine Verarbeitung im Gehirn stattfindet, die bisher blockiert war.
Die neurologische Wirkungsweise der bilateralen Stimulation ist nicht gänzlich geklärt, die Wirksamkeit konnte jedoch in Studien in ausreichender Anzahl nachgewiesen werden. Nach einer erfolgreichen EMDR-Sitzung erleben die Patientinnen/Patienten in den meisten Fällen eine deutliche psychische Entlastung. Die körperlichen Beschwerden und auch negative Gedanken sind deutlich reduziert bzw. können neu und positiv formuliert werden. EMDR wird auch bei anderen Störungsbildern, die durch belastende Erlebnisse verursacht wurden, erfolgreich eingesetzt. Die sind: Anpassungsstörungen, Trauer- und Verlusterlebnisse, Mobbing, depressive Störungen und Angsterkrankungen sowie bei komplexen Traumafolgestörungen nach Kindheitstraumata.
Ego-State-Therapie
Die Ego-State-Therapie (von lat. Ego = Ich und, engl. State = Zustand) ist eine psychotherapeutische Methode zur Behandlung von Traumafolgestörungen und wurde von Helen und John Watkins entwickelt. Sie ist ebenso wie die Hypnotherapie ein ressourcenorientiertes Verfahren. Ressourcen sind Potentiale, Merkmale, Eigenschaften einer Person, die es ihr ermöglichen, Ziele zu erreichen und Bedürfnisse zu befriedigen. Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass jeder Mensch Ressourcen hat, auch Menschen, die durch traumatische Erlebnisse schwerstgeschädigt sind. Zur Bewältigung der Alltagsanforderungen, für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit sind Ressourcen sehr wichtig. Die Therapieform setzt an den Ressourcen an, das heißt, diese werden neu- bzw. wiederentdeckt, ausgebaut und gefördert.
Grundsätzlich wird in der Ego-State-Therapie davon ausgegangen, dass unsere Persönlichkeit aus verschiedenen Anteilen beziehungsweise Ich-Zuständen besteht („Was ist Persönlichkeitsentwicklung?“). Ego-States entstehen bei jedem Menschen im Laufe der Entwicklung und dienen der Anpassung. Sie werden in bestimmten Situationen aktiviert. In diesen verschiedenen Ich-Zuständen haben wir Zugang zu unterschiedlichen Fähigkeiten und Eigenschaften. Es sind verschiedene Aspekte unseres Selbst. Probleme bzw. Störungen treten auf, wenn die Grenzen zwischen den verschiedenen Ich-Zuständen starr und unflexibel sind. Durch traumatische Erfahrungen können abgespaltene Ego-States entstehen, die zwar in der jeweiligen Situation halfen, das Trauma zu bewältigen, langfristig jedoch Energie binden und Probleme in der Lebensführung bewirken.
Sind wir uns unserer verschiedenen Anteile bewusst und sind die einzelnen Ego-States flexibel, können wir sie im Alltag nutzen. Im Spiel mit Kindern können wir unser eigenes inneres Kind mitspielen lassen, wir sind albern, ausgelassen und lustig. Am Arbeitsplatz ist der Ich-Zustand der kompetenten Fachfrau oder des kompetenten Fachmanns präsent. Wenn wir dann vom Chef ins Büro gerufen werden und uns klein und ängstlich fühlen, ist der erwachsene kompetente Anteil, der eigentlich das Gespräch mit dem Chef führen sollte, wie verschwunden und stattdessen ein inneres Kind präsent. Dies führt dann zu Problemen in dieser Situation. Das heißt, es wird auf unserer „inneren Bühne“ eine Situation der Vergangenheit reinszeniert und macht uns hilflos. Es wird sozusagen die Vergangenheit wiederholt.
Ziel der Ego-State-Therapie ist es, den Stress im inneren System zu reduzieren, damit die verschiedenen Persönlichkeitsanteile sich aufeinander abstimmen können und kooperieren („innere Team“). Es geht darum zu erkennen, dass Vergangenheit wiederholt wird und die traumatisierten Anteile ins Hier und Jetzt zu holen, damit im aktuellen Erleben Handlungsfähigkeit und Kontrolle erlebt werden kann. In diese Arbeit werden Methoden der Hypnotherapie, der Gestalttherapie und das EMDR integriert.